Kleeblatt FR-Online

Geschrieben von: http://www.fr-online.de/

Mit stilsicheren Hexen

 

Es gibt auch traurige Fastnachtssitzungen. Also solche, bei denen das Publikum zwar nicht gerade wirkt wie zur Strafe abkommandiert, aber eher Bier und Haxe zuspricht als Bühne und Bütt. Aber beim närrischen Kleeblatt ist das alles ganz anders. Wer sich Samstagabend zur zwölften Kooperation von "Eulen", "Rot-Weiß" und "1. FBC" ins Volkshaus Enkheim verfügte, schien durch die Bank guter Laune. Und durfte einmal mehr erleben, wie Frankfurter Fastnacht im 21. Jahrhundert auszusehen hat.Und das schon seit 1998.

Damals taten sich vier Vereine, ein jeder gebeutelt durch den Mangel an Engagierten im Haus Ronneburg in Eckenheim zusammen, eine gemeinsame Sitzung auf die Beine zu stellen, nur eine, aber dafür mit allem Drum und Dran. Das funktionierte, das zog Publikum. Seitdem gibt es das Kleeblatt, ein Blatt verwelkte und fiel herab, die "RheinländerVereinigung" war überaltert und damit zur Passivität verdammt. Aber fortan kooperierten die drei verbliebenen Blätter jedes Jahr. Mit immer mehr Spaß und das schon lange vor dem ersten Schunkeln.

Weil sich drei Klubs zusammenraufen müssen, haben die unter Vereinsmeiern üblichen Kutschertraumata, Stänkereien und Eifersuchtsanfälle keine Chance. Das wirkt, nach Innen wie Außen. Das zieht mehr Jugend an als Traditionsklubs und es zieht mehr einfach so fröhliches Publikum an. Da lassen sich dann auch radikale Neuerungen überstehen: Für diese Kampagne musste das dreiblättrige Kleeblatt erstmals auf die Ronneburg verzichten und in den alten Volkshaus-Bau in Enkheim ausweichen.

Eine gute Wahl, denn die mittlere Größe, die bestens erhaltene 50er-Jahre-Anmutung in einer wohl an die 100 Jahre alten Architektur und die Auskleidung durch die Vereine konzentrierten Publikum samt Show so, dass quasi ein freundlich-familiärer Hexenkessel entstand: alles nah beieinander, alle dicht auf dicht. Tat dem närrischen Treiben sichtlich gut, verlieren sich doch Kappensitzungen sonst gerne in der nackten Funktionsarchitektur der Nachkriegs-Saalbauten.

Kontrastkrawatte geht nicht

Ein weiteres Plus lieferte das Publikum selbst. Es mag an der Wirkung diverser Kino-Blockbuster (vor allem die mit fliegenden Besen) und den sich immer abwechselnden Retro-Moden liegen, auf jeden Fall dokumentierten die Besucher ihre närrische Disposition in einem sonst selten gesehenen Reichtum an Kostümierungen. Mochten die älteren Semester von Cowboyhut und Weste nicht mehr loszueisen sein und waren Gardistinnen, nun ja, eben als Tanzgarden ausstaffiert, so vermengten sich diese festen Größen mit einer bemerkenswerten Wahl "freier" Kostüme zu einem ausgesprochen bunten Spektakel. Wie Fastnacht als Gegenentwurf zur saisonalen Gräulichkeit ja sein soll.

Da waren aufwändige Figuren des frühen 18. Jahrhunderts unterwegs, dort präsentierten sich drei bestens ausstaffierte Schotten, woanders gaben sich stilsichere Hexen die Ehre. Und manchmal bedurfte es nur einer recht platzierten Schärpe, um eine Teufelin aus der Masse zu erheben. Was aber gar nicht mehr durchging, war das typische Gattenkostüm: schräg kontrastierende Krawatte zum zivilen Sonst. Das geht auch deshalb nicht mehr, weil selbst die Vereinsoffiziellen ihre farbigen Sakkos inzwischen mit einer solchen Légèreté tragen, dass sie zur garnicht unschlauen Karikatur ihrer selbst werden. Also im besten Sinne närrisch.

Passte da noch was drauf? Es passte. Ein einziges Bein. Das einer jungen Tänzerin in Strapsen und Netzstrumpf. Sie eröffnete die Karnevalsshow, indem sie besagtes Bein durch den geschlossenen Bühnenvorhang schwenkte, sodann auftrat und solo das "Bienvenue"-Intro aus "Cabaret" playback tanzte. Alles weitere danach war bunt, groß und ein großes gelungenes Ensemble.

        Das närrische            Kleeblatt